Genius loci - Kunst und Garten
Ein temporäres Kunstprojekt im Stadtpark Lahr
26. Juli - 3. November 2003

 


Unter dem Motto Genius loci – Kunst und Garten findet vom 26. Juli bis 3. November 2003 ein temporäres Kunstprojekt im Stadtpark Lahr statt.

Der englische Dichter Alexander Pope (1688 – 1744) empfahl den damaligen und allen zukünftigen Gestaltern seiner Gartenanlage in einem Gedicht, stets und immerdar den „Genius loci“, den „Geist des Ortes“ zu befragen.

Diese Befragung steht auch im Mittelpunkt der künstlerischen Projekte, die speziell für den Stadtpark Lahr entwickelt werden und auf das reizvolle Ambiente zwischen englischem Landschaftsgarten, barocker Strenge und exotischer Anlage reagieren.

Das Projekt wurde von den „Kunstfreunden Lahr e.V.“ ins Leben gerufen. Mit der Konzeption und der Auswahl der künstlerischen Projekte beauftragte der Verein Bernd Künzig, der als freier Kurator arbeitet. Eingeladen sind Simone Demandt /Margret Eicher (Baden-Baden/Ladenburg), Rainer Ecke (Karlsruhe), Till Exit (Leipzig), Susan Hiller (London), Olaf Nicolai (Berlin) und Rolf Wicker (Berlin), um mit Installationen und künstlerischen Objekten dem „Genius loci“ des Stadtparks Lahr nachzuspüren und neue Möglichkeiten und Positionen zeitgenössischer Gartenkunst vorzustellen.

Zur Ausstellung erscheint ein begleitendes Katalogbuch, in dem die Positionen und die künstlerischen Projekte der beteiligten Künstlerinnen und Künstler vorgestellt werden, sowie mit Beiträgen zur Beziehung zwischen Gartenkunst und Literatur, Film und Musik mit Texten von Peter Ellenbruch, Andreas Erb, Eva-Maria Houben, Bernd Künzig, und Sigrid Thielking.

Stadtpark Lahr 26. Juli – 3. November 2003, täglich geöffnet 8 – 19 Uhr 

Veranstalter: Kunstfreunde Lahr e.V. in Zusammenarbeit mit der Stadt Lahr

Konzeption: Bernd Künzig, Agentur für kulturelles Wissen
 

Das Projekt wird unterstützt von:

Volksbank Lahr – Ettenheim und Gengenbach / Zell eG

ARENA EINKAUFSPARK LAHR

Druckhaus Kaufmann

E-Werk Mittelbaden

Joachim Becker
 
 

Die beteiligten Künstlerinnen und Künstler:

- Simone Demandt/Margret Eicher (Baden-Baden/Ladenburg)

- Rainer Ecke (Karlsruhe)

- Till Exit (Leipzig)

- Susan Hiller (London)

- Olaf Nicolai (Berlin)

- Rolf Wicker (Berlin)
 
 

Die Projekte:
 

Simone Demandt/Margret Eicher: Gaias Garten

Mit der Bepflanzung von Lavendelstöcken haben Simone Demandt und Margret Eicher die aufgerasterte Linienführung eines gemeinsamen Porträtfotos als Pflanzenornament gesetzt. In unmittelbarer Nähe zur ornamentalen Bepflanzung am Bismarck-Denkmal greift das Lavendelbild der Künstlerinnen die Idee barocker Gestaltung und der Blütenteppiche auf. Wo sich der Gärtner als Künstler hinter und in der Anlage des Gartens verbirgt, haben sich die Künstlergärtnerinnen mit der Grundform ihrer Porträts als Ordnung der Lavendelstöcke in das Erscheinungsbild des Stadtparks eingezeichnet. In der Größe der Bildanlage, die dem Nahblick nicht sofort zugänglich ist, halten sich die Gesichter versteckt. Aus der großen Höhe des Überflugs wird das gepflanzte Porträtbild als solches erkennbar.
 

Rainer Ecke: Gartentopf

Der begehbare Blumentopf Rainer Eckes greift die Idee der kleinsten privaten Gartenzelle auf, die in eine entsprechende Proportion zum großen Park gesetzt wird. Größenverhältnisse kehren sich um: wo die gewöhnliche Topfpflanze sonst Beherrschbarkeit von Natur ausstrahlt, wird der sie eingrenzende Topf zum festen Turm, der nur mit Hilfe einer Leiter bestiegen und erobert werden kann. Mit seiner Bepflanzung und einer Sitzbank zum Ausruhen und zur Meditation bietet er das Angebot eines kleinen privaten Areals des Rückzugs, das symbolisch die mittelalterliche Idee des Gartens als ein „Paradies hinter Mauern“ umspielt.
 

Till Exit: Geschlossene Sitzgruppe (Stadtpark Lahr)

Das plastische Objekt Till Exits geht auf die unmittelbare Anregung der Möblierung des Stadtparks mit weißen Sitzbänken zurück. Durch die nach außen gekehrten Rückwände und die nach innen gerichteten Sitzflächen wird aus einem Nutzgegenstand ein Gegenstand der Anschauung und des optischen Genusses. Durch seine Geschlossenheit und die Sitzfläche im Inneren nicht mehr dem ursprünglichen Zweck zugänglich, überführt der Künstler mit einer raffinierten und dennoch einfachen Konstruktionsidee die vorgefundene Sitzbank als funktionalen Gegenstand in ein bildhauerisches Objekt, das Geschlossenheit, Zwang und Einladung in sich vereint.


 

Susan Hiller: What every gardener knows. A garden carillon – Was jeder Gärtner weiß. Ein Gartenglockenspiel

Als Klangkunstwerk ist von Susan Hiller ein elektro-akustisches Glockenspiel in den kleinen chinesischen Pavillon eingebaut. Die Melodie, die viertelstündlich ertönt, wurde von der Künstlerin auf der Grundlage des Kreuzungsschemas des Biologen Mendel komponiert, der in der Mitte des 19. Jahrhundert, jener Entstehungszeit des Stadtparks, mit Kreuzungsexperimenten an Pflanzen die Grundlagen der Gentechnologie legte. Biologisch, wissenschaftliche Grundlagen werden von Susan Hiller als ästhetische Muster genutzt, darauf Bezug nehmend, dass auch die Gestaltung des Stadtparks als ästhetisches Ereignis ohne naturwissenschaftiche Erkenntnisse und den technischen Eingriff in die Natur nicht möglich wäre.
 


 

Olaf Nicolai: Maison des abeilles.
Ein zeitgenössisches Bienenhaus nach Entwürfen von
sauerbruch hutton architekten (Version 03)
(courtesy Galerie EIGEN + ART Leipzig/Berlin) 

In Zusammenarbeit mit einem Architekturbüro entwickelte Olaf Nicolai fünf  künstlerisch gestaltete, zeitgenössische Bienenhäuser. Mit ihren jeweils unterschiedlich farbigen Seitenwänden aus hochglänzendem Lack und den spezifischen Ständern betonen sie das gestalterische Denken, das an einem Gegenstand angewandt wird, der gemeinhin lediglich der Honigproduktion als Nutzzweck eines Naturprozesses dienen soll. In der Betonung des gestalterischen Prozesses artikuliert sich das spezifische Interesse des Künstlers Olaf Nicolai für die komplexe und langanhaltende kulturgeschichtliche Beziehung zwischen Design und Natur, die für die gestalteten Formen von Gartenanlagen als Umgang mit der Natur grundlegend ist.
 


 

Rolf Wicker: Einmal einen Knoten laufen

Mit seiner begehbaren Installation „Einmal einen Knoten laufen“ greift Rolf Wicker den seiner Arbeit benachbarten Knotengarten an der Villa des Parkstifters Christian Wilhelm Jamm mit seiner ornamentalen Linienführung auf. Das begehbare räumliche Objekt aus hölzernen Wegen, Treppen und Brücken, erschließt sich mit seiner Verschachtelung nicht unmittelbar auf den ersten Blick als Knotenstruktur. Aus großer Höhe wäre dessen Form erkennbar, die nun im Begehen und dem Auf und Ab der Treppen erfahrbar wird. Die Idee des Knotens als eine zeichnerische Linie des Gartenornaments ist in einen dreidimensionalen Raumkörper übersetzt und als begehbare Anlage körperlich, spielerisch erfahrbar gemacht.